Nun sperr die Augen auf: du kommst, wo’s zum Tode geht,
ich wo was Neugeborenes ist.
— SHAKESPEARE, Das Wintermärchen, III
DAS BEWUSSTSEIN DER EINHEIT
In dieser Zeit des gerade stattfindenden Übergangs, in dem eine Ära stirbt und eine neue am Entstehen ist, haben wir die Wahl: Wir können bei den Bildern der Vergangenheit bleiben, bei diesen Gespenstern des Materialismus, die unseren Planeten verschmutzt und geschändet haben. Wir können aber auch in eine noch nicht definierte Zukunft eintreten, die eine Fülle an Möglichkeiten birgt. Es gibt bereits Anzeichen für diese Zukunft—einige sichtbar, andere noch verborgen. Wir sehen die Saat eines globalen Bewusstseins aufkeimen, dieses tiefe Gewahrwerden, dass wir alle eine einzige Familie sind, die zu einem lebendigen, in Wechselbeziehung stehenden Ökosystem gehört. In diesem Erkennen zeigt sich das erwachende Bewusstsein der Einheit, ein Bewusstsein, das nicht auf der Dualität beruht, sondern auf dem ursprünglichen Wissen um die Einheit, die die gesamte Schöpfung umfasst. Mit dem Internet und anderen Technologien globaler Kommunikation sind uns schon einige Instrumente dieser Zukunft gegeben worden, Formen eines Miteinander-Verbundenseins, das uns aus den hierarchischen Modellen der Vergangenheit heraus zu einer organischen und holistischen Lebensweise führt.
Das sind Zeichen einer anbrechenden Zukunft, die uns von dem Paradigma der Dualität und Trennung zu befreien vermag, das so viel an Streit und Entzweiung, all die Konflikte von Männlich und Weiblich und die Spaltung von Materie und Geist ausgelöst hat. Was jetzt erwacht, ist ein integriertes Bewusstsein, das viele der Wunden der vergangenen Ära transformieren und heilen kann und der Menschheit die Möglichkeit gibt, in größerer Harmonie miteinander und mit dem Planeten zu leben. Dieses neue Bewusstsein trägt eine Energie in sich, die von der Quelle des Lebens kommt, eine Energie, die dynamisch lebendig ist, die die Freude der Schöpfung hat und eine unmittelbarere Erfahrung des in allem enthaltenen Göttlichen mit sich bringt.
Im Verlauf der letzten Ära wurden die vielen Götter und Göttinnen des Polytheismus von dem einen Gott des Monotheismus abgelöst. Der männliche Gott des Monotheismus hat eine in erster Linie transzendente Natur—ER weilt im Himmel—, und da man die Götter und Göttinnen verbannt hatte, verlor die Schöpfung ihr göttliches Wesen. Die Trennung von Materie und Geist unterstrich den spirituellen Mangel der physischen Welt, besonders da auch noch Vieles an natürlicher Magie, die der Schöpfung eigen ist, geächtet wurde, so, wie man auch die weisen Frauen verfolgte, die die Kunst der Heilung und Magie beherrschten. Wenn wir uns der Einheit der gesamten Schöpfung bewusst werden, die eine unmittelbare Verkörperung der Einheit Gottes ist, kann die Menschheit die Göttlichkeit der Materie und somit das Wunder der göttlichen Gegenwart zurückgewinnen. Wir müssen nicht länger in einer Welt der Trennung leben, die die Materie und unseren physischen Körper von ihrer spirituellen Natur abgespalten hat. Alles ist eine Feier der göttlichen Einheit, alles eine einzigartige Gelegenheit, Gott zu preisen und uns Seiner zu erinnern.
Jeder Moment vibriert mit Seiner Gegenwart. Göttliche Gegenwart ist kein vereinzeltes Geschehen, nicht ein einmaliges Auftauchen, das verehrt und erinnert werden muss, sondern ein Ausströmen von Liebe, die unaufhörlich ins Leben fließt. Sie kann nicht festgehalten, zum Idol gemacht werden. Sie muss verkörpert und ganz und gar gelebt werden. Wir sind Teil der lebendigen Substanz Gottes, die in fortwährender Bewegung ist und Sich Selbst immer wieder, doch „niemals auf dieselbe Weise“, offenbart. Jeder Augenblick ist vollständig, und jeder Augenblick gehört zum ständigen Strömen des Lebens.
Erwachen wir zur göttlichen Gegenwart, treffen wir auf eine sehr unterschiedliche Welt. Wenn wir die physische Welt wieder mit ihrer göttlichen Natur verbinden, kann sie aufs Neue in vielerlei Weise lebendig werden, Weisen, die zuvor verborgen oder unterdrückt waren. Die physische Welt ist nicht einfach tote Materie, sondern ein rotierender Organismus aus Licht, voller Magie und verborgenem Potential. In der Schöpfung gibt es viele Kräfte, die nur darauf warten, aktiviert zu werden, und die uns und die Welt heilen und transformieren können. In der Vergangenheit wussten Schamanen und Heiler von einigen dieser Kräfte. Zukünftig wird ein Großteil der Heilarbeit darin bestehen, dass wir lernen, diese Kräfte sowohl auf individueller wie auch auf globaler Ebene einzusetzen. Wir werden neue Techniken entwickeln, die das Wissen der Schamanen und Priesterinnen mit den Erkenntnissen der Ärzte und Wissenschaftler verbinden.
Es gibt viele verschiedene Ebenen der Wirklichkeit, verschiedene Dimensionen des Bewusstseins, angefangen bei der physischen Welt über die archetypische Welt der Symbole zum reinen Bewusstsein des Höheren Selbst und noch weiter zu den Ebenen des Nicht-Seins. In der vorausgegangenen Ära führte die Reise des spirituellen Aufstiegs den Sucher von der physischen Welt der Sinne zu den höheren Ebenen der Wirklichkeit. In der Sphäre der göttlichen Einheit ist jedoch alles gegenwärtig. Es gibt kein Oben und kein Unten, kein Aufsteigen und kein Absteigen. Das sind Bilder des letzten Zeitalters. Alle Ebenen der Wirklichkeit durchdringen einander, und das „Höchste“ ist in uns allen anwesend. Die Seele durchdringt den Körper von Kopf bis Fuß. Jede Zelle ist von Seiner Essenz erfüllt. Und zwischen den Partikeln der Schöpfung ist die unendliche Leere, die, wie die Physik neuerdings annimmt, voller dunkler Energie ist, und von der die Mystiker schon immer gewusst haben, dass sie die Geheimnisse des Nicht-Seins enthält.
Das Bewusstsein der Einheit erfasst nicht nur die physische Welt und die wechselseitigen Zusammenhänge des Netzes des Lebens. Es will auch die verschiedenen Ebenen der Wirklichkeit zusammenbringen, die in der letzten Ära im Wesentlichen getrennt gehalten worden sind. Die Wurzeln unserer westlichen Kultur liegen wohl in der Vor-Sokratischen Tradition des Parmenides und des Empedokles, doch wir haben systematisch das Wissen ausgerottet, dass sie Mystiker und Magier mit direktem Zugang zu anderen Welten waren. Dementsprechend haben wir auch vergessen, wie man mit der symbolischen Welt arbeitet, obwohl dieses Wissen—wie C.G. Jung wiederentdeckt hat—über viele Jahrhunderte von der Alchemie lebendig gehalten wurde. Es ist notwendig, dass wir das Wissen, wie mit den inneren Welten zu arbeiten ist, zurückgewinnen, damit die uns innewohnende Weisheit und Energie in die äußere Welt gelangen kann und wir wieder von der Quelle des Lebens und dem Sinn, der von der Seele kommt, genährt werden.
Die Sprache der inneren Welt aufs Neue zu erlernen, würde bedeuten, den Respekt für die der Existenz zugrunde liegenden Kräfte wiederzuerlangen, für die Primärkräfte des Lebens, die Götter und Göttinnen genannt wurden. Wir müssen erkennen, welchen Schmerz wir ihnen durch unsere Missachtung und Schändung zugefügt haben und wie unser materialistisches Gewinnstreben nicht nur die physische Welt verschmutzt hat, sondern auch die innere Welt der Seele. Wir haben eine innere und äußere Öde geschaffen und das Leben seiner Heiligkeit beraubt. Erwachen wir zu dem neuen Bewusstsein, das uns zur Verfügung gestellt wird, müssen wir die volle Verantwortung für unsere Handlungen und Versäumnisse übernehmen. Bewusstsein hat immer seinen Preis, und wir werden klarer sehen, was wir angerichtet haben.
Dann, wenn die Welten anfangen zusammenzufließen, wenn sich das Innere und das Äußere in unserem Bewusstsein und unserem Leben vereinen, kann etwas Neues ins Leben kommen. Das ist das Kind der Zukunft, geboren aus dieser conjunction. Es ist männlich und weiblich zugleich, außen und innen, oben und unten, Geist und Materie. Es ist in uns allen, und zugleich ist es jenseits von uns. Es weiß um die Geheimnisse der Materie und der Majestät von Licht über Licht.
MIT DEM LICHT ARBEITEN
Das sind Hinweise auf das, was womöglich ins Sein kommt. Doch etwas viel Grundlegenderes findet statt; etwas, das unsere Aufmerksamkeit und Teilnahme erfordert. Die Welt ist dabei, auf eine Weise lebendig zu werden, wie es viele Jahrtausende nicht möglich war. Ein Licht im Kern, im Herzen, der Schöpfung ist am Erwachen und beginnt mit dem Licht in der Menschheit zu kommunizieren. So, wie wir vergessen haben, dass die Welt Gott gehört, so haben wir auch vergessen, dass sie ein lebendiges spirituelles Wesen ist, das wie ein einzelner Mensch spirituell erwachen kann. Es gab—lange ist es her—eine Zeit, in der die Welt erweckt war und die Menschheit unmittelbar aus der Quelle genährt wurde. Man spricht in dem Zusammenhang manchmal vom Goldenen Zeitalter.
Was heißt das, die Welt hat die Möglichkeit zu erwachen? Und was ist unsere Aufgabe in diesem Prozess? Esoterisches Wissen beinhaltete schon immer die Kenntnis von den verschiedenen Bewusstseinsebenen im Menschen und hat Techniken hervorgebracht, die uns helfen, uns zu entwickeln und zu einer „höheren Ebene“ zu erwachen. Das Erwachen des Einzelnen zur Ebene des wahren Selbst, zum unmittelbaren Erkennen der Einheit, zur Liebe und zum reinen Sein ist das Ziel vieler spiritueller Praktiken. Weniger bekannt ist, wie die Welt als ein lebendiges spirituelles Wesen funktioniert—dieses Wissen gehört zur Tradition der spirituellen Hierarchie, zu den Meistern der Weisheit und ihren Helfern (in der Sufi-Tradition werden sie als auliyâ oder Freunde Gottes bezeichnet). Seit Jahrtausenden besteht ihre Arbeit darin, Sorge für das spirituelle Wohlergehen der Welt zu tragen, indem sie sie mit den Kräften verbinden, die förderlich für ihre Evolution sind und sie vor negativen Kräften, deren Auswirkungen zu zerstörerisch wären, bewahren. Sie arbeiten hauptsächlich auf den inneren Ebenen—„halten Wacht über die Welt für die Welt“—verhüllt, verborgen, damit sie ungestört ihr Werk verfolgen können.
Das Werk des spirituellen Erweckens der Welt ist von den Meistern der Weisheit vorbereitet worden, doch diese Arbeit braucht auch die Beteiligung des individuellen Bewusstseins. Die Meister können diese Arbeit nicht allein tun, denn es ist wichtig, dass das menschliche Bewusstsein Verantwortung dafür übernimmt und an der nächsten Stufe der globalen Entwicklung mitwirkt. Zur Arbeit der Meister gehört, ein Netz aus Liebe und Licht um die Welt zu schaffen, das als Gefäß für diesen Sprung im globalen Bewusstsein dient. Sie verbinden Einzelne und Gruppen miteinander, die bereit sind, sich an diesem Werk zu beteiligen. Die erste Etappe ihrer Arbeit ist gerade vollbracht worden, und das nächste Stadium besteht darin, die Energie in den spirituellen Körper der Erde einzuleiten, die notwendig ist, um diesen Sprung auszulösen. Wie bei der spirituellen Transformation eines Einzelnen braucht es für jede größere Bewusstseinsveränderung die Gnade oder Energie von einer Dimension, zu der aus dem gerade vorhandenen Bewusstsein heraus kein unmittelbarer Zugang möglich ist. Auf der individuellen Reise ist das einer der Gründe für die Transmission (Energieübertragung) vom Lehrer auf den Schüler: Der Lehrer gibt dem Einzelnen die Energie, die er oder sie für einen größeren Bewusstseinssprung braucht. Für die globale Ebene haben die Meister der Weisheit den Zugang zu der für das Erwecken der Welt erforderlichen Energie, und ihre Aufgabe ist es, diese in die Welt zu bringen. Das Lichtnetz, das sie um die Welt erschaffen haben, ist hilfreich für diesen Prozess, doch es erfordert auch die Teilnahme Einzelner, die für diesen Akt spirituellen Dienens offen sind.
Es gehört zum Plan für die Zukunft, dass ihre Fundamente und die verabreichte Energie mit der Grundnote der Ära übereinstimmen. Wenn es in der nächsten Ära darum geht, dass die Menschheit Verantwortung für den Planeten übernimmt, dann muss die Menschheit als Ganzes direkt an diesem Schritt zum Erwachen beteiligt sein. Eine Arbeit, zu der bisher nur Eingeweihte zugelassen worden sind, steht ab jetzt für jeden offen, der mitmachen möchte. Das gehört zur Natur der globalen Einheit: Jeder darf sich beteiligen. Natürlich sind viele Leute gar nicht am spirituellen Dienen interessiert. Und auch viele aufrichtige Sucher sind zu sehr auf ihren individuellen spirituellen Pfad ausgerichtet, um für diese globale Dimension des Dienens empfänglich zu sein. Aber allen, die sich in dieser Zeit des globalen Übergangs ernsthaft dazu hingezogen fühlen, dem Ganzen zu dienen, bietet sich die Gelegenheit, sich zu engagieren und ihr Licht mit dem Licht des Ganzen arbeiten zu lassen, während es in der Welt zum Leben erwacht.
Wie kann der einzelne Mensch unmittelbar mit dem Licht des Ganzen zusammenwirken? Durch die Beziehung von Mikrokosmos und Makrokosmos. Die Schlüsselstellung des Menschen im Mikrokosmos innerhalb der gesamten Schöpfung wird sowohl von der Alchemie wie auch vom Sufismus und anderen esoterischen Traditionen betont. Das Geheimnis dieser Beziehung lässt erkennen, wie sich der einzelne Mensch direkt mit dem Ganzen verbinden kann, ohne dass irgend welche Mittler, Organisationen oder Hierarchien notwendig sind. Das Licht und die Energien im Menschen und in der Welt sind unmittelbar verknüpft und können miteinander in Resonanz schwingen—von einem zu dem Einen.
Wir sind keine Spezies, die separat vom Leben existiert, sondern Teil der organischen Ganzheit des Lebens, und das Licht unseres Bewusstseins gehört dem Leben—das Leben braucht es für sein Fortbestehen und seine Transformation. Wenn wir unser Licht dem Licht der Welt geben, schaffen wir eine Verbindung von Licht zu Licht, die der Welt bei ihrem Prozess dynamischer Veränderung hilft. Und jeder von uns hat dabei eine ganz bestimmte Rolle zu spielen, einen Beitrag zu leisten, den nur unser individuelles Licht zu vollbringen vermag. Das gehört zum Geheimnis der Einheit und zur Dynamik ihres Sich-Entfaltens. Alles steht miteinander in Beziehung und kommuniziert seiner wahren Natur entsprechend als Teil des lebendigen Netzes des Lebens.
Durch die Beziehung des individuellen Bewusstseins zum Licht des Ganzen kann eine neue organische Struktur geschaffen werden, die das für die nächste Ära benötigte Licht des globalen Bewusstseins hält. Wenn wir erst einmal die Wahrheit des Einsseins leben, werden wir erkennen, dass unser Bewusstsein Teil des Bewusstseins der Welt ist und einen entscheidenden Faktor bei der Evolution der Welt darstellt. Das ist die wahre Mitschöpfung; wir wirken direkt auf die sich wandelnden Muster des Lebens ein. Mit der Beteiligung des menschlichen Bewusstseins kann das Leben neue Formen, neue Daseinsweisen entwickeln. Und mit unserem eigenen Licht haben wir die Möglichkeit, das Licht der Welt wieder in die Schöpfung einzuladen. Diese Beziehung zwischen dem Licht des Einzelnen und dem Ganzen ist für das Erwachen der Welt von größter Bedeutung.
Das Leben hat die Menschheit immer wieder vor neue schwierige Aufgaben gestellt, damit wir uns entwickeln und wachsen. Trotzdem widerstrebt es uns, „das Geheimnis der Dinge zu ertragen“, und wir ziehen es vor, in den Einstellungen und Konditionierungen zu verharren, die zu einer vergangenen Zeit gehören. Doch eine neue Lebensweise wartet darauf, ins Sein zu kommen, und braucht uns als Hebammen. Wir müssen dazu nichts weiter tun als das schlichte Wunder anzuerkennen, dass wir lebendig, dass wir Teil des Lebens sind, und ein bedingungsloses „Ja“ dazu sagen, in diesem Augenblick des Übergangs völlig gegenwärtig zu sein. Mit diesem „Ja“ öffnen wir uns zu dem, was das Leben braucht. Dann offenbart uns das Leben, wie die Zusammenarbeit geschehen kann. Das Leben ist ein lebendiges spirituelles Wesen, das um seine göttliche Absicht weiß, zu der wir gehören.
Das ist die Herausforderung, der all jene gegenüberstehen, die sich zu diesem Licht hingezogen fühlen, deren Seelen bei diesem Erwachen mitwirken wollen. Dabei gibt es keine gerechten Kriege und Dramen von Gut und Böse. Dabei gibt es niemand und nichts, das gerettet oder erlöst werden muss. Das Neue, das geboren wird, hat keine Kenntnis von diesen Dingen. Es trägt nur den Ur-Funken der Schöpfung, das ewige Ja des ins Sein kommenden Lebens und den Stempel des wahren Schöpfers.
DAS LIED DER WELT
Was könnte das bedeuten, wenn die Welt erwacht? Das ist wie das Wunder unseres eigenen Erwachens. Über Jahre hinweg haben wir vielleicht kurze Erfahrungen von der Kraft des Herzens, der Weisheit und Liebe in unserem Inneren. Wir arbeiten daran, uns zu läutern und unseren Dienst fürs Leben und für die Liebe zu tun. Und eines Tages wird etwas in uns lebendig. Unser Herz erwacht, und wir erfahren eine größere Kraft und ein Wissen, das über uns selbst hinausgeht. Das ist das Potential, das die Welt im Augenblick hat. Die Seele unserer Welt hat die Möglichkeit zu erwachen, und die gesamte Menschheit kann dann ihre wahre Natur erkennen.
Wir wissen, wie unser eigenes Erwachen uns von vielen Mustern befreit, die uns begrenzen und uns unsere göttliche Natur verwehren—wie viele Probleme, die unsere Energie aufgezehrt haben, im Licht unseres wahren Selbst wegfallen oder sich wie Nebel in der Morgensonne auflösen. Auch wenn uns das Leben weiter mit Schwierigkeiten und Herausforderungen konfrontiert, ist es kein Problem, sondern ein lebendiges spirituelles Wesen, geschaffen im Bild Gottes. Wenn wir die göttliche Natur des Lebens nicht als spirituelles Ideal, sondern als unverfälschte Gegenwärtigkeit erkennen, die zu unserem Alltag gehört, werden wir merken, wie wir wieder einmal das reine Wunder und die reine Freude erfahren, die dem Leben eigen ist.
Arbeiten wir mit dem Leben als lebendiger göttlicher Ganzheit zusammen, werden wir die einfachen Antworten finden, die das Leben zu seiner Selbsterhaltung hat. Uns werden für diese Arbeit neue Energien zuteil werden, Energien, die zurzeit noch in der Schöpfung verborgen sind, aber darauf warten, in Erscheinung zu treten. Und noch etwas anderes wird da sein, etwas, das wir Jahrtausende lang vergessen haben. Inmitten der Schöpfung ist ein Gesang, ein zum Leben gehörendes Lied, das von dessen verborgenem Zweck erzählt. Es ist das, was die Sufis das Geheimnis des Wortes „Kun“ [Sei!] nennen. Betrachten wir das Leben mit den Augen des Egos, sehen wir nur kleine Splitter dessen, was lebendig sein bedeutet, doch in diesem Lied des Lebens ist sein wahres Wunder, sein wirklicher Sinn zu vernehmen. Stellen wir uns der Aufgabe als Hüter des Planeten und damit unserer globalen Verantwortung, wird uns das für diesen Gesang öffnen und dieses Mysterium manifest werden lassen.
Es konstelliert sich bereits ein globales Wahrnehmen. Die Vorstellung von der Einheit des Lebens, davon dass „wir alle eins sind“, ist nicht mehr alleiniges Gedankengut spiritueller und ökologischer Randgruppen, sondern Mainstream. Doch diesem Bewusstsein fehlt noch ein wesentliches Ingredienz—es bleibt noch eine Idee, es ist noch nicht vollständig lebendig. Wenn es zum Leben erwacht, wird sich das Herz der Welt öffnen und wir werden das Lied der göttlichen Einheit des Lebens hören.
Die Welt muss aus ihrem Schlaf des Vergessens erwachen—sie kann es sich nicht länger leisten, nicht um ihre Göttlichkeit zu wissen. Es ist dieses Vergessen, das die Erde viel eher tötet als alle Umweltverschmutzung. Kollektiv gesehen sind wir am Sterben—wir haben den Sinn unseres Daseins verloren, und eine Lebensform, die ihren Zweck vergessen hat, kann nicht fortbestehen. Der Hauptgrund für ihre Existenz schwindet dahin. Das Erwachen des Herzens der Welt kann das, was entweiht worden ist, erlösen, die Wunden heilen und die Verschmutzungen reinigen. Das Lied der Welt wird uns daran erinnern, weshalb wir hier sind, und das Gesamt des Lebens wird jubilieren.