Übersetzung des englischen Artikels Shifting the Climate Debate Onto Sacred Ground
„Die ökologische Krise ist essentiell ein spirituelles Problem." Diese Worte vom Metropolit Ioannis Zizioulas, einem der bedeutendsten orthodoxen Theologen der Gegenwart, anlässlich der Pressekonferenz zur päpstlichen Enzyklika sind von höchster Wichtigkeit. Der Herausgabe der Enzyklika folgte sehr bald eine neue Studie, die bestätigt, dass die Erde jetzt in eine neue Phase des Artensterbens eingetreten ist, ihrem sechsten großen Massenaussterben.
Unsere gegenwärtige Umweltkrise ist das drängendste Anliegen der Welt, und dennoch findet diese Diskussion bisher hauptsächlich auf den Gebieten der Naturwissenschaft, Politik und Wirtschaft statt. Die Naturwissenschaft zeigt uns die Symptome eines gewaltigen globalen Ungleichgewichts auf, einer nicht länger umweltverträglichen Zivilisation, und ökonomische Modelle veranschaulichen die schmerzlichen Folgen für die Ärmsten von uns. Doch Papst Franziskus' Enzyklika zum Klimawandel und die Vatikan-Konferenz in dieser Woche verlagern dieses so lebenswichtige Thema entschieden auf moralisches und spirituelles Gebiet. Er bringt darin das Wohlergehen der Erde wieder mit dem Wohlergehen unserer Seele in Verbindung und die Fürsorge für die Erde wieder mit der Fürsorge für die Seele. Er weist darauf hin, dass die Technologie, die uns oft als die einzig gangbare Lösung dargestellt wird, „sich als unfähig erweist, das geheimnisvolle Netzwerk der Beziehungen zwischen den Dingen wahrzunehmen und deshalb bei der Lösung eines Problems wiederum nur neue erschafft." Und an anderer Stelle fügt er die scharfsichtige Erklärung hinzu: „Die Welt ist eigentlich nicht ein zu lösendes Problem, sondern vielmehr ein freudiges Geheimnis, das wir mit frohem Lob betrachten sollten."
Die Bedeutung dieser Umorientierung kann gar nicht genug hervorgehoben werden. Seit den letzten zehn Jahren habe ich in vielen Artikeln, Vorträgen und Radio-Interviews immer wieder die dringende Notwendigkeit einer spirituellen Perspektive betont. Jetzt ist dank der Enzyklika von Papst Franziskus das, was bisher nur eine Stimme am Rande - oft recht einsam - war, plötzlich dabei, allgemeines Gedankengut zu werden. Unser Gefühl, von der Erde getrennt zu sein, hat uns dazu gebracht, sie zu missbrauchen. Würden wir die Erde als heilig betrachten, als Teil der lebendigen Einheit, der wir angehören, könnten wir sie dann noch auf diese Weise behandeln, könnten wir dann noch ihre Flüsse verschmutzen, ihre biologische Vielfalt vernichten? Das Vergessen ist ein äußerst machtvolles Gift, indem es unseren Begierden freien Lauf lässt zu zerstören, was am kostbarsten ist. Der heilige Grund bringt uns zu den elementarsten Werten zurück, zu unserem Gefühl des Verbundenseins und der wichtigen Aufgabe, „Sorge zu tragen für unser gemeinsames Haus".
Doch wie können wir wieder ein innewohnendes „Geheimnis" einfordern, das der gesamten Schöpfung zu eigen ist, während wir in einer „Wegwerfkultur" leben, die dieses Wunder mit Müll zugeschüttet hat? Wie können wir zu einer magischen Welt zurückkehren, wo wir diese Welt doch mit unserer Gier, unseren Ansprüchen, unserer Konsumabhängigkeit vergiftet haben? Könnte es mit etwas so Einfachem beginnen, wie anzuerkennen, dass wir nicht getrennt sind von der Erde, sondern Teil dieses Wunders, indem wir ihre Luft atmen, sie uns unser Essen schenkt und mit ihrer Schönheit uns innerlich nährt?
Die Zeichen des Wunderbaren sind überall um uns, von der geheimnisvollen Erhabenheit eines Sonnenaufgangs zum einfachen Lachen eines Kindes. So sind es auch die Zeichen der Verwüstung, die wir hervorgerufen haben, der Abfall, den wir auf unseren Straßen hinterlassen, die Giftstoffe in unserem Wasser, die Arten, die wir ausgerottet haben. Und inmitten von beidem, der Schönheit und der Zerstörung, ist der Schrei der Erde, des lebendigen Wesens, zu dem wir alle gehören. Wenn wir imstande sind, diesen Schrei trotz des Lärms der Ablenkungen zu hören, mit denen wir ständig bombardiert werden, können wir mit der Arbeit der Rückkehr zu dem, was heilig und ganz ist, beginnen, zu dieser Verbindung, die uns alle eint. Die Lehren des heiligen Franziskus aufgreifend schreibt der Papst: „Alles ist aufeinander bezogen, und alle Menschen sind als Brüder und Schwestern vereint, auf einer wunderbaren Pilgerschaft miteinander verwoben durch die Liebe, die Gott für jedes seiner Geschöpfe hegt und die uns auch in zärtlicher Liebe mit Bruder Sonne, Schwester Mond, Bruder Fluss und Mutter Erde vereint."
Nur von diesem Bewusstsein der Ganzheit und Einheit aus können wir daran arbeiten zu heilen, was wir geschändet haben. Bleiben wir jedoch an dem Ort des Getrenntseins von der Erde, voneinander, von unseren Brüdern und Schwestern, werden wir nur mit dem Kreislauf der gegenseitigen Zerstörung fortfahren. Trauriger Weise nimmt die Naturwissenschaft nur zu oft ihre Versuche zur „Lösung" unserer ökologischen Misere von einer Haltung des Getrenntseins aus in Angriff, nämlich dass wir von der Erde getrennt sind oder die Umweltkrise ein von unserer inneren Einstellung unabhängiges Problem ist, das wir mit Hilfe unserer Technologie oder mit Emissionszertifikaten „beheben" können - oder die noch viel gefährlichere ökonomische Ideologie, bei der die Erde einzig als Ressource für unsere energieintensive Kultur gesehen wird, ohne in Betracht zu ziehen, dass genau dieses Bewusstsein der Trennung uns zu diesem Abgrund des Klimawandels gebracht hat.
Zu lange haben wir die Spiritualität von der Erde getrennt und den Schöpfer von der Schöpfung. Jeder für sich muss einen Weg finden, zur heiligen Einheit zurückzukehren, wo die Erde sowohl ganz als auch heilig ist. Für einige kann es die „Sorge für die Erde (unser gemeinsames Haus)" sein, die Art und Weise, wie wir unseren Alltag leben. Ich denke oft, dass gerade die einfachen Handlungen der Fürsorge und Aufmerksamkeit am wichtigsten sind. Dadurch fühlen wir die Bande, die uns alle miteinander vereinen. So viele Augenblicke davon gibt es an einem Tag. Wenn ich meine Futterstelle für die Vögel auffülle und zuschaue, wie die Spatzen herangeflogen kommen und der Buntspecht dann versucht zu übernehmen und seinen Anteil zu fressen, ist das gemeinsame Freude.
Unsere Liebe und Fürsorge für die Erde ist die mächtigste Kraft der Heilung und Transformation. Der Schrei der Erde - indem wir ihr Leiden erkennen und fühlen - vermag unser Herz zu öffnen. Dieses Leiden gehört nicht zu jemand anderem, sondern zum Kern unseres eigenen Wesens, wo wir eins sind mit der Erde. Dieser Schrei bringt tief in uns etwas miteinander in Berührung, die Seele der Welt trifft unsere eigene Seele und stellt den heiligen Grund des Seins wieder her, das Verbundensein, das wir mit der Erde und allem Leben haben. Dann können wir, wie Papst Franziskus in seinem Gebet zum Schluss sagt, unseren Platz finden
als Werkzeuge dieser Liebe
zu allen Wesen dieser Erde