Übersetzung des englischen Artikels:
A Time of Fire and Smoke: What Story Are We Living?
Während der Rauch von den Waldbränden die Luft erfüllt, stelle ich mir Fragen zu diesem Moment in der Zeit. Seit dem Ausbruch der Pandemie hat die Zeit selbst etwas Unwirkliches bekommen, indem die einzelnen Tage, die Nächte und Tage, die Träume und das Wachen ineinander fließen. Ich kann fühlen, wie das Leben überall auf der Welt von einer tiefreichenden Unsicherheit durchzogen ist, und trotz des Drängens zum Anschein von Normalität zurückzukehren, gibt es ein tieferes Wissen, dass sich die Grenzen unserer Welt verschoben haben. Das Virus und all seine Begleiterscheinungen wie Soziale Distanzierung, Masken tragen, wirtschaftliche Einbrüche und all die Muster sozialer und rassischer Ungleichheit, die in diese Geschichte eingewoben sind, haben uns in eine neue, unvertraute Landschaft vertrieben. Und jetzt haben die Feuer hier in Kalifornien, ausgelöst durch die für diese Jahreszeit ungewöhnlichen Gewitter, die Intensität um ein weiteres gesteigert—wie in einem Augenblick ein Funken die völlig ausgetrocknete Gegend, die Bäume und das Unterholz, Wochen früher als die übliche Brandsaison, aufflammen lässt. Es ist leicht zu versuchen, Geschichten in dieses Bild hineinzuinterpretieren, einen Sinn darin zu finden, dass uns die Natur überwältigt. Aber mich ergreift am meisten dieses Unbehagen, als breche ein untergründiger Strom nach oben in unsere oberflächlichen Leben.
Viele Jahre schon habe ich diese Umbrüche in den unseren Lebensalltag bestimmenden grundlegenden Strukturen erahnt. Man hat uns beigebracht zu denken, wir wären die Meister unseres Schicksals, könnten sogar die Natur beherrschen, aber in der Tiefe wird eine andere Geschichte erzählt, eine der elementaren Veränderungen und der sich neu formenden Muster. Und jetzt beginnen wir diesen Wandel in der Luft um uns zu fühlen. Ein Virus, der Funken eines Blitzschlags—dem Leben zugrunde liegende Ströme kommen an die Oberfläche. Natürlich versuchen wir uns zu schützen, es gehört zu unserer menschlichen Natur, uns in unseren Höhlen zusammenzukauern, den Sturm und den Regen draußen zu lassen. Und so sind, mit den Waldbränden südlich und westlich von uns, unsere Taschen gepackt, einige wenige Sachen zum Mitnehmen. Aber wahrscheinlich ist es an der Zeit zu erkennen, dass wir schon in einer anderen Geschichte leben oder in einem Raum zwischen den Geschichten, wo die Grenzen aufgebrochen sind und die Natur sich eine Landschaft zurückerobert, in die wir eingedrungen sind und die wir ausgebeutet haben.
Doch als der Rauch die Luft immer mehr erfüllte, es Asche regnete, fühlte ich den Schmerz der Kreatur, all der verschiedenen Tiere und Vögel, die in dem Feuer gefangen waren. Ihre Welt ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten so sehr zerstört worden, weil wir den Boden vergiftet, die Bäume gefällt und die Sumpfgebiete trocken gelegt haben. Und jetzt sind Feuer und Rauch, Angst, Ungewissheit und instinktive Furcht unsere gemeinsame Geschichte geworden. Wessen Welt ist am Brennen? Wessen Haus geht verloren? All die Jahre habe ich das tiefe Bedürfnis gespürt, mich mit dem Land wiederzuverbinden, mit seinen Rhythmen, seinem Lauf der Jahreszeiten und all den Momenten der Schönheit und des Wunders. In den letzten Wochen habe ich eine Wachtelfamilie und ihre heranwachsenden Jungen in unserem Garten beobachtet, wie die Mutter beschützend nach ihren Kindern sah, wie sie sich zwischen den Pflanzen versteckten oder sich die Stufen hinter ihr hochdrängelten—zusammen mit den Blumen und dem Gemüse ein beruhigendes Bild der Lebenszyklen. Aber das Feuer erinnert mich an eine andere Eigenschaft von Verbundensein, an das gemeinsame Überleben. In was für eine Welt reisen wir? Wie lange werden die Feuer noch brennen, das Virus noch bleiben? Und was kommt danach? Und was für Geschichten brauchen wir, damit sie uns durch die kommenden Tage, Jahre und Jahrzehnte tragen?
Das Wesentliche ist für mich unsere gemeinsame Geschichte mit der Erde, unsere gemeinsame Reise. Viel zu lange haben wir im Westen die Erde als „fühllose Materie“ betrachtet, die zum Ausbeuten da ist, und die Natur als eine zu zähmende Kraft, die sich unserem Willen unterwerfen muss. Und nun sind viele, die in der Großstadt leben oder in städtischen Gegenden, empfänglicher für die Bilder ihrer Smartphones als für den Wind und den Regen. Aber das Virus hat unsere Schutzwälle durchbrochen und erinnert uns daran, dass wir Teil eines wilderen Ökosystems sind, eines Systems, das wir nicht kontrollieren können wie die über die Ufer tretenden Flüsse und die verwüstenden Feuer. Es wird eine harte Lektion für unsere Zivilisation sein, neu zu lernen, sich wieder mit einer älteren, fast vergessenen Weisheit zu verbinden, zu der Füße gehören, die die Erde berühren, und Sinne, die auf das ganze Netz des Lebens mit seinen vielen Stimmen eingeschwungen sind.
Natürlich werden viele versuchen, so lange wie möglich in dem Narrativ von Materialismus, Wissenschaft und Technologie zu leben. Wir sind so konditioniert, zu glauben, es könne die Antwort auf unsere Probleme bieten wie eine gute Fee in einer Kindergeschichte, die ihren Zauberstab schwingt und schon ist die Welt wieder heil. Aber das ist nichts weiter als eine Fantasie, eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Die Erde ist zu alt und die gegenwärtigen Veränderungen zu tiefreichend, als von Computern mit ihren Einsen und Nullen kontrolliert oder erfasst zu werden. Die Tatsache, dass unsere Zivilisation die Wege der Erde vergessen oder verworfen hat, löste diese Klimakrise aus. Wir können jetzt keinen Knopf drücken und zu „normal“ zurückkehren. Wir sind in eine Landschaft hineingestolpert, die nach einer anderen Route verlangt. Ob oder wann wir in der Lage sein werden, eine Passage und ihre Wegzeichen zu finden, die uns leiten können, wird darüber entscheiden, wie sich unsere Zukunft gestaltet. Zurzeit haben wir noch nicht so ganz akzeptiert, wie fremd und doch vertraut diese Landschaft ist. Wir sind Fremde in der uns umgebenden Welt geworden.
Wahrer Mut verlangt von uns, eine unbekannte Zukunft und unsere Unsicherheit und Angst anzunehmen. Wir alle warten auf unseren gepackten Sachen und haben keine Ahnung, wie nah die Waldbrände noch kommen werden. Das ist eine Zukunft voller Trauer um die Welt, die wir zerstören, um ihr dahinsterbendes Wunder, während wir noch nicht wissen, in was für eine Welt wir überwechseln werden. Wenn wir zu früh versuchen, eine neue Erzählung zu definieren, verpassen wir diesen Moment des Übergangs, der die wirkliche Magie der gegenwärtigen Zeit ist. Ganz und gar lebendig zu sein, heißt, in diesem Durchgang zu stehen und kaum etwas zu erfassen außer der Intensität des Moments.
Haben wir den Mut, wirklich zu akzeptieren, dass während eine Geschichte vorbei ist, sich eine neue noch nicht herausgebildet hat? Dass wir in einer Zeit radikaler Unsicherheit leben? Es ist leicht zu erkennen, dass das Narrativ unserer Konsumkultur—mit ihren falschen Versprechungen ewigen Wachstums und materiellen Wohlstands—vorbei ist. Wir können das an den sterbenden Meeren, dem Artenschwund wie auch an unserer ökonomischen Spaltung und sozialen Ungleichheit sehen. Und viele sehnen sich nach einer neuen Erzählung, nach einer, bei der die Einheit und Vielfalt des Lebens und seine natürliche Vernetzung anerkannt werden und zu der sogar Bilder von CO2- neutralen Communities und lokal angebautem Essen und Renaturierung von Feuchtgebieten und viele andere Zeichen einer nachhaltigen Zukunft gehören. Auch wenn das inspirierende Träume sind, so wird doch dabei die gegenwärtige Dunkelheit verdrängt—die autoritären Regierungen, die tief eingewurzelten Muster von Gier und Ausbeutung—all die sich dem wahren Wandel entgegenstellenden Kräfte.
Und diese neuen Geschichten bergen auch die Gefahr, der Erde wieder einmal unsere Vorstellungen aufzuzwingen—wie wohlmeinend sie auch sind—und Ihr damit Ihre lebendige Weisheit abzusprechen. Wir haben Ihr mit unseren Begierden genug Schaden zugefügt, und jetzt ist es dringend notwendig, uns wieder mit Ihr zu verbinden und Ihre Wege zu akzeptieren. Unsere Reise ist gemeinsam mit der Erde, und wir müssen lernen, Ihr zuzuhören wie unsere Vorfahren und Ihre tiefen Muster des Wandels zu respektieren, besonders jene, die zurzeit an die Oberfläche kommen.
Während ich diese Worte schreibe, landet ein Rotschwanz-Bussard auf einem Ast vor meinem Fenster. Wahrscheinlich ist er ein Flüchtling vor dem Feuer; ich habe ihn vor ein paar Tagen das erste Mal gesehen. Seine Anwesenheit ruft eine andere Wirklichkeit in mir wach, eine, die zu den Sinnen gehört und auch magisch ist wie die Tiere der Höhlenmalereien in Südfrankreich. So sehr wir uns selber in die Geschichte der Erde hineinnehmen müssen, so müssen wir auch der Erde gestatten, uns eine mehr-als-menschliche Geschichte zu erzählen. Das ist das Tor, das sich in diesem Moment der Erdenzeit öffnet, wenn wir es wagen, hindurchzugehen.