Übersetzung des englischen Artikels Darkening: A Four-Point Plan
Eine der ersten Reaktionen, die ich auf mein kürzlich erschienenes Buch Darkening of the Light: Witnessing the End of an Era bekommen habe, war, dass es „harte Kost" sei, und „ich wünschte mir, Llewellyn hätte klarer aufgezeigt, welche Schritte wir in unseren komplexen Leben tun können, um der Seele der Welt so gut wie möglich wieder zu ihrer früheren Kraft und Schönheit zu verhelfen". Normalerweise widerstrebt es mir, Menschen zu sagen, was sie tun sollen, da wir alle unsere eigene innere Weisheit, unsere eigene Führung und Weise haben, uns mit der Seele der Welt zu verbinden. Aber dieser Wunsch schlug eine Saite in mir an und in einem Moment der Inspiration tauchte in mir ein „Vier-Punkte-Plan" auf, um auf diese Verfinsterung zu reagieren.
Der Untertitel des Buches „Witnessing the End of an Era" (das Ende einer Ära bezeugen) ist tatsächlich bereits der erste der vier Punkte: Bezeugen, ein bewusstes Wahrnehmen, was in den inneren und äußeren Welten geschieht. Das bedeutet ein Gewahrsein, das ohne Urteil, ohne Erwartung, ohne etwas zu wollen und ganz besonders ohne etwas verändern zu wollen aufnimmt.
Zu bezeugen, wahrzunehmen ist eine sehr, sehr wichtige esoterische spirituelle Praxis. Im Sufismus wird der Zeuge Shahid genannt. Zu unserer spirituellen Praxis gehört einfach wahrzunehmen, zu bezeugen. Anfangs beobachten wir uns selbst, wir werden uns unserer selbst bewusst, einfach indem wir wahrnehmen. Wir beobachten unsere Reaktionen, wir beobachten die Muster, die unser Leben bestimmen. Wir versuchen nicht, sie zu verändern, denn wenn wir versuchen, Muster zu verändern, benutzen wir zu oft dieselbe Bewusstseinshaltung, die die Muster verursacht hat—dann kreieren wir nur eine Variante anstelle einer wirklichen Veränderung. Es ist wirklich ein bedeutsamer Schritt, „auf dem spirituellen Pfad nichts zu wollen, nichts verändern zu wollen, nur gewahr zu sein". Dies lässt nach und nach eine Qualität von Bewusstheit, von Gewahrsein entstehen, unabhängig vom Ich und seinen Mustern, seinen Wünschen und Ängsten—und dies ist der Anfang davon, das Bewusstsein des Selbst in unser Leben zu bringen.
Dieses Beobachten, das wir auf der individuellen Ebene praktizieren, kann genauso auf der globalen Ebene geschehen. Man hat die Sufis „eine Bruderschaft von Wanderern, die über die Welt und für die Welt wachen" genannt. Wir beobachten, was in der inneren und äußeren Welt vor sich geht. Die äußere Welt ist natürlich eher sichtbar, direkter erfassbar. Aber als Mystiker und spirituell Übende haben wir auch Zugang zu den inneren Welten, der Welt unserer individuellen Seele und der Seele der Welt, der Anima Mundi. Zum Beispiel können wir uns durch Meditation zunehmend bewusster darüber werden, wie sich das Licht in uns ändert, wann wir Zugang zu mehr Licht, zu größerer innerer Klarheit haben. Wir erkennen vielleicht auch deutlicher, wie bestimmte äußere Aktionen oder innere Haltungen unser inneres Licht beeinflussen oder wie unsere Großzügigkeit oder unsere liebende Güte—was die Sufis Adab nennen—je nach unserem Verhalten zunimmt oder nachlässt. So wie wir uns dieser Veränderungen in uns selbst bewusst werden können, so können wir uns der Veränderungen innerhalb des Größeren Selbst bewusst werden—unserer Seele und der Weltseele.
Wir beobachten uns selbst und wir beobachten die Welt. Nichts ist getrennt, alles ist miteinander verbunden. Und heutzutage ist es viel einfacher wahrzunehmen, was sich überall in der Welt ereignet. Schon seit vielen Jahren beginne ich jeden Tag mit einer Übung der inneren und äußeren Aufmerksamkeit. Ich stehe gerne früh auf, trinke zuerst eine Tasse Tee, dann folgen Meditation und Gebet. In meiner Morgenmeditation schaffe ich einen aufnahmebereiten Raum und frage innerlich, ob es etwas gibt, das ich während des Tages sehen oder worauf ich achten sollte—ich bin innerlich aufmerksam. Dann, nach dem Beten für andere, höre ich die Nachrichten im Radio oder lese sie im Internet, um zu sehen, was in der Welt passiert. So beginne ich meinen Tag, eingestimmt auf die Welt. Dies hat uns unsere Lehrerin Irina Tweedie gelehrt—sie war oft nachts wach und hörte dann den BBC World Service im Radio, und sie sagte, das war so, als schaue man dem Schachspiel einer unsichtbaren Hand zu, die die Figuren auf dem Spielfeld der Welt hin und herschiebt. Auf diese Weise sind wir in der Lage, die Dinge, die sich in der Welt zutragen, nicht von einem beurteilenden Standpunkt aus wahrzunehmen, sondern einfach von einem Gewahrsein aus—einem Bezeugen.
Dann, wenn das erste Licht kommt, mache ich einen Spaziergang. Ich lebe glücklicherweise in der Natur und mein Gang entlang den Feuchtwiesen mit den wechselnden Gezeiten ist eine Möglichkeit, mich bewusst mit der natürlichen Welt zu verbinden—den Tag mit einem Bewusstsein ihrer Schönheit, ihrer Rhythmen und ihrer Qualität der Gegenwärtigkeit anzufangen. Mit diesen einfachen Praktiken beginne ich den Tag mit einer Haltung des Bezeugens und einer tiefen Verbundenheit mit der Welt, die gleichzeitig wie ein inneres Gebet ist. Ich bin mir der allseitig verbundenen Welt bewusst, von der ich ein Teil bin, und ich bringe mein Bewusstsein in dieses innere und äußere Netz des Lebens.
Wir sind Teil dieser lebendigen Welt. Thich Nhat Hanh sagt sehr klar: „Wir werden zusammen mit unserer Mutter Erde überleben und gedeihen oder wir werden überhaupt nicht überleben". Zum nächsten Schritt in der Evolution gehört ein Bewusstsein dieses lebendigen Einsseins, dieser Einheit, die das Leben selbst ist.
Wir sind heutzutage eine globale Gemeinschaft, und ich denke, als verantwortliche Weltbürger müssen wir mitbekommen, was in der Welt geschieht, sei es die Ölkatastrophe in Nigeria oder das nukleare Desaster, unter dem Japan immer noch leidet. Nichts ist mehr irgendwo anders, alles geschieht vor unserer Haustür, und es ist wichtig, das Gewahrsein der Ereignisse zu halten—wie ein Licht, das in der Dunkelheit scheint.
Auch wenn wir als Kultur einseitig Aktion—also Tun—wertschätzen, liegt doch eine Kraft im Bezeugen, das in gewisser Weise verhindern kann, dass etwas noch schlimmer wird; denn das Licht des Bewusstseins kann die Dunkelheit zurückhalten. Während es ein äußeres Bewusstsein von der ökologischen Zerstörung gibt, existiert nur wenig Bewusstsein darüber, was in den inneren Welten geschieht, und das ist einer der Gründe, warum ich „Darkening of the Light" geschrieben habe. Während der letzten fünf oder sechs Jahre bin ich dazu gebracht worden, diese Tragödie zu bezeugen, die sich in den inneren Welten abspielt und die ich „den Verlust des Lichts des Heiligen" genannt habe. Ich sah, was schon alles verloren gegangen ist, und das war so schmerzlich für mich, dass ich es ausgeblendet habe, manchmal für Monate. Ich wollte es nicht sehen, aber etwas hat mich gezwungen, die inneren Auswirkungen unserer äußeren Handlungen zu bezeugen—wie die äußere ökologische Krise sich in einer inneren Krise widerspiegelt, die noch tragischer ist, weil niemand darüber berichtet, sie nicht anerkennt, kaum bezeugt. Die Dunkelheit unserer Kultur der Gier und globaler Ausbeutung, des Vergessens des Heiligen verdeckt das Licht der inneren Welt, der Weltseele.
Bezeugen ist wichtiger als wir uns klar machen. Es gibt eine mystische Tradition, die besagt, dass wir die Augen und Ohren Gottes in dieser Welt sind. Ibn Arabi schreibt: „ Der Mystiker ist die Pupille im Auge der Menschheit", denn der Mystiker schaut mit dem Auge der Wahrheit. In Shakespeares König Lear gibt es eine sehr bewegende Passage gegen Ende des Stückes, als der alternde König und seine Lieblingstochter Cordelia in den Kerker geführt werden und er darüber spricht, wie sie mitbekommen können, was am Hof vor sich geht:
„wer da verliert und wer gewinnt,
wer in der Gunst, wer aus der Gunst,
so nehmen wir das Geheimnis der Dinge auf uns,
als wären wir Spione Gottes."
Wie Lear und Cordelia sind wir Gottes Spione, nicht nur des Spiels der äußeren Ereignisse gewahr—„wer da verliert und wer gewinnt", sondern auch der inneren Wahrheit, des Geheimnisses der Dinge. Und Teil der inneren Wahrheit, die in dieser Zeit übersehen wird, ist die Auswirkung unserer äußeren Handlungen und Haltung auf die Weltseele, die Anima Mundi. Auch das muss bezeugt werden.
Der zweite Punkt im Vier-Punkte-Plan ist Trauer. Wenn ich während der letzten Jahre wahrgenommen und bezeugt habe, was den inneren Welten geschieht, habe ich einen tiefen und zeitweise fast überwältigenden Schmerz gespürt, den Kummer darüber, wie das Heilige vernachlässigt wird und das Licht verlorengeht. Als ich kürzlich auf einem Bioneer-Podium mit Joana Macy und Dekila Chungyalpa zusammensaß, sprachen beide darüber, wie Umweltarbeit in dieser Zeit ein extremes Gefühl von Trauer bei den Beteiligten hervorruft, wenn sie Zeuge davon werden, was der natürlichen Welt widerfährt, was sinnlos zerstört wird und in einigen Fällen für immer verloren ist. Sie sagten, dass für die Menschen der Umweltbewegung dieser Schmerz manchmal nicht mehr zu ertragen ist. Aber Joana wies ausdrücklich darauf hin, dass es wirklich wichtig ist, dieses Leiden zu achten, zu fühlen, was da geschieht.
Während Bezeugen ein objektiver Akt ist, sind wir, wenn wir den Kummer oder die Trauer fühlen, in einer ganz anderen Weise beteiligt. Da ist die überwältigende Trauer über das, was wir diesem wunderbaren Planeten antun. Einige Orte auf der Erde sind wie offene Wunden. Zum Beispiel auf den Midway Inseln im Pazifik, einem der abgelegensten Plätze auf dieser Erde, liegen Zehntausende Albatross-Junge tot umher, ihre Körper angefüllt mit Plastik aus dem großen pazifischem Müllstrudel. Chris Jordan hat das gefilmt, und er schreibt über seine abgrundtiefe Trauer über das dort verlorene Leben. Aber er spricht auch darüber, wie er: „dazu kam, zu entdecken, dass wirkliche Trauer nicht einfach nur Traurigkeit ist. Trauer ist Liebe. Trauer ist eine gefühlte Erfahrung von Liebe für etwas, das verloren ist oder das wir gerade verlieren. Das ist eine unglaublich machtvolle Öffnung. Ich glaube, wir alle tragen diesen immer vorhandenen Ozean der Liebe für das Wunder unserer Welt in uns."
Die Trauer zieht uns in Richtung Liebe, öffnet uns für unsere Liebe für die Welt. Und nichts ist machtvoller oder so lebenswichtig in dieser Zeit wie unsere Liebe für die Erde. Liebe für die Erde, die fundamentalste Verbindung unseres Herzens und unserer Seele mit unserem Planeten muss die Grundlage für ökologische Arbeit—sowohl in den inneren wie in den äußeren Welten—sein.
Um Thich Nhat Hanh zu zitieren: „Wirkliche Veränderung kann nur geschehen, wenn wir uns in unseren Planeten verlieben. Nur die Liebe kann uns zeigen, wie wir in Harmonie mit der Natur und miteinander leben können, und uns vor den verheerenden Effekten der Umweltzerstörung und des Klimawandels retten."
Ich denke, es erfordert eine gewisse Reife, fähig zu sein, diesen gewaltigen Schmerz über das, was wir zerstören, zu fühlen und zu halten. Aber das bedeutet, dass unsere Herzen beteiligt sind, unsere Liebe für die Erde da ist. Dies ist unsere Erde, die uns so viel gegeben hat und auf der unsere Kinder und unsere Enkel aufwachsen werden—und was wir tun, ist unsäglich. Es ist ein Verrat am Leben selbst. Und wir müssen dies fühlen, betrauern und lieben.
Aber irgendwann werden wir begreifen, dass die äußere Welt nur eine Reflektion, eine Widerspiegelung der inneren Welt ist—eine alte esoterische Lehre. Ja, manchmal bin ich froh, dass niemand das sehen kann, was mir in den inneren Welten gezeigt wurde und was dies bedeutet. Meine eigene Reise, mein Bezeugen hat mich erkennen lassen, was ich extrem tragisch finde: Die Verschmutzung und Entweihung der inneren Welten. Wo vor 20 Jahren noch innere Orte von Schönheit und heiliger Bedeutung waren, ist jetzt nur noch Ödland. Wo es Blumen gab, wo noch eine Quelle sprudelte, ist inzwischen etwas verloren gegangen, was in unserer Generation nicht wieder ersetzt werden kann, und ich weiß nicht, was es braucht, es wieder entstehen zu lassen.
Das Tragischste für mich ist der Verlust des Lichtes der Weltseele in den inneren Welten. Dieses Licht der Seele ist das Kostbarste in unserem individuellen Selbst und in der Weltseele. Ohne dieses Licht können wir nicht sehen, nicht unseren Weg finden—die heilige Bedeutung des Lebens wird zugedeckt, verfinstert und ist fast verloren. Und diese inneren Welten durch unsere Gier und unsere endlosen Wünsche so verschmutzt und entheiligt zu sehen, und zwar in einem solchen Grad, dass diese Substanz, dieses Licht so geschwunden ist—in manchen Fällen fast ausgelöscht—, hat einen fast unerträglichen Kummer in mir ausgelöst, den Kummer meiner eigenen Seele um das, was verloren gegangen ist. Und dieser Kummer, dieser Schrei aus der Tiefe in mir, holt den ganz ursprünglichen Schrei der Seele empor, ein Gebet zu Gott: „Denke an die Erde, erinnere Dich an die Erde".
Die erste Stufe ist also Bezeugen, die zweite Trauer und Schmerz, und aus dieser Trauer kommt die dritte Stufe, Gebet. Beten ist die elementarste Reaktion der Seele. Es ist unser Schrei zu Gott, zu unserem Geliebten, in Zeiten der Not. Und mein Gefühl ist, dass dieser ursprüngliche Schrei der Seele zugleich das Beten der Erde ist—die Erde schreit durch uns zu Gott—unser Beten ist die Stimme, das Rufen der Erde.
Jeder von uns betet auf seine Weise, wir weinen und rufen in unserem Herzen. Es kann das schlichte Gebet sein, die Erde in unser Herz zu nehmen und sie Gott zu übergeben—mit unserer Liebe, unserer Trauer, unserem Kummer über das, was geschieht, erheben wir unser Herz zu unserem Geliebten. Es können auch einfach ein paar Worte sein wie „Geliebter hilf" oder „Gedenke der Erde". Beten ist aus der Not geboren und die Erde benötigt dringend unsere Gebete. Trauer hat unser Herz geöffnet, unser Kummer wird zum Schrei und dieser Schrei, dieses Weinen ist unser Gebet.
Ich spüre ganz stark, dass es die Gnade und die Macht Gottes braucht, um unseren leidenden Planeten zu heilen und zu transformieren. Zu viel ist schon zerstört, zu viel Dunkelheit ist schon gegenwärtig, als dass die Menschheit allein dieses von uns geschaffene Ödland erlösen, das Licht, das wir verloren haben, zurückgewinnen könnte. Nur durch die Liebe und die Gegenwart unseres Geliebten kann unsere Welt geheilt werden.
Ich fand es bezeichnend, dass Oprah mich am Ende meines Interviews mit ihr fragte: „Hast du noch eine Sache, eine wichtige Sache, die du sagen möchtest?" Und etwas in mir reagierte spontan und sagte: „Ja, dass die Welt Gott gehört." Wir haben vergessen, dass die Welt Gott gehört—in unserer Hybris denken wir, dass wir die Herren der Schöpfung sind, die Gebieter über die Welt. Doch ich glaube nicht, dass wir mit all unseren Bemühungen die Welt noch heilen können—die Zerstörung ist bereits zu groß. Wir haben weder das Wissen noch die Kraft dazu. Nur durch Gnade kann die notwendige Heilung geschehen.
Die Kräfte der Dunkelheit sind dabei, die Welt zu zerstören, gleich ob sie nun multinationale Konzerne, Ölgeschäft oder reine Gier und Korruption heißen. In den letzten paar Jahren sind diese Kräfte global immer beherrschender geworden und brandschatzen die ganze Welt. Ich persönlich bin überzeugt, dass sie Kräfte der Dunkelheit sind. Sie betreiben nicht nur Umweltzerstörung, sondern sie wenden sich gegen alles, das im Leben heilig ist. Sie zerstören unser fragiles Netz des Lebens und attackieren gleichzeitig die innere Welt, das Licht des Heiligen und der Weltseele. Sie sind gnadenlos in ihrem Ausplündern. Was wir jedoch nicht verstehen ist, dass sich die äußere Welt viel schneller regenerieren kann als die innere. Die Natur kann sich Terrain wieder zurückerobern, Renaturierung kann stattfinden. Aber wenn das Licht in der inneren Welt bis zu einem bestimmten Grad geschwunden ist, dann lässt es sich nur sehr, sehr schwer regenerieren. Dies gilt besonders für unsere jetzige Zeit, da wir viel von der Weisheit verloren haben, wie man mit der inneren Welt arbeitet. Wie viele Schamanen gibt es noch, die wirklich wissen, wie man das Innere heilen kann, zumal in unser gegenwärtigen Kultur, die die Existenz der inneren Welten leugnet, die noch nicht einmal etwas von der Weltseele weiß?
Angesichts dieser Dunkelheit und unserer eigenen Ignoranz werden unsere Gebete nötig gebraucht. Wir können diese zunehmende Dunkelheit nicht bekämpfen, ihre Tentakel sind zu beherrschend, ihr Zugriff auf (oder innerhalb) unsere/r Kultur ist zu gewaltig. Aber wir können beten, wir können zu Gott schreien. Und wir sollten nie die Macht des Gebetes unterschätzen, diese Macht der ursprünglichen Verbindung und Gemeinschaft mit dem Schöpfer, mit der MACHT, die hinter allem steht, was existiert. Im Moment wirklicher Verzweiflung kann unser Schrei gehört werden und wirkliche Hilfe und Heilung können gegeben werden, das Wunder der Wiedergeburt kann geschehen.
Und aus diesem Beten heraus können wir auch die Handlung entdecken, die getan werden muss. Handlung, Aktion ist die vierte Stufe. Wir leben in einer Welt, die braucht, dass wir handeln, im Äußeren reagieren, genauso wie unsere Gebete eine innere Reaktion sind: In den Worten der Shaker: „Hände an die Arbeit, die Herzen zu Gott." Das Problem mit den meisten derzeitigen Aktionen ist, dass sie aus demselben Bewusstseinsrahmen kommen, der das Problem hervorgerufen hat, denselben Bedingungen und Wertmaßstäben, die gerade unsere Welt zerstören. Deshalb müssen wir zuerst beten, damit wir mit einer anderen Ebene von Werten und mit einem Bewusstsein, das nicht konditioniert ist, verbunden werden. Zuerst Gebet, dann Aktion.
Durch Beten können unser Herz und unser Geist mit dem wirklichen Bedürfnis der Erde verbunden werden und mit ihrer Weisheit, die tiefer und älter ist als unsere oberflächlichen Lösungsansätze.
Hoffentlich können wir offen genug sein, uns zu der wirklichen Arbeit, die getan sein muss, führen zu lassen anstatt die Verzerrungen unserer gegenwärtigen Kultur fortzusetzen—einer Kultur, die bei Nachhaltigkeit kaum die ganze Schöpfung miteinschließt, sondern nur unseren gegenwärtigen materialistischen, energieintensiven Lebensstil erhalten will. Durch Beten können wir von einem Ort wirklicher Ganzheit aus handeln, von einem tieferen Wissen um die Muster der Verbundenheit, die sich durch das ganze Leben ziehen. Dann können unsere Hände zusammen mit der Lebensenergie arbeiten, einer Energie, die wiederherstellen und heilen kann und die auf die Bedürfnisse des Lebens hört statt nur auf unsere Wünsche und Begierden.
Ich persönlich habe nicht das Gefühl, dass jetzt die Zeit für große Projekte ist. Ich denke nicht, dass die Kraft, die Energie oder das Wissen schon vorhanden sind, um solche Projekte zu unterstützen. Ich denke, sie können sich zu leicht in den Ideologien der Vergangenheit verfangen, den Mechanismen und Strukturen, die unsere heutige Zivilisation geformt haben. Ich liebe die Arbeit des englischen „genesenden Umweltschützers" Paul Kingsnorth, der sagt, wir müssen akzeptieren, dass es vorbei ist, dass diese Zivilisation am Ende ist. Es geht nicht darum zu versuchen, sie zurechtzuflicken. Es wird nicht funktionieren und oft genug steckt man nur Energie in die althergebrachten Denksysteme—man meint, man tut etwas und tritt in Wirklichkeit nur auf der Stelle. Trotzdem geht es darum zu handeln, und wir sollten mit dem beginnen, was klein, aber wesentlich ist, so wie Mutter Theresa sagt: „Kleine Dinge mit großer Liebe."
Um der Verfinsterung zu begegnen, die von den globalen Unternehmen verursacht wird, müssen wir zu dem zurückkehren, was wesentlich ist: die schlichten Handlungen von Fürsorge und liebender Güte für das Ökosystem und für uns selbst. Hier kann Heilung entstehen, in den kleinen Gemeinschaften, die sich bereits rund um den Planeten bilden—eine Rückkehr zu einfachen menschlichen Werten, die nicht auf Gier beruhen. In unseren Gemeinschaften mit Fürsorge und Bedacht zu handeln—sich um einen kranken Freund zu kümmern, ein Essen mit wirklicher Liebe und Aufmerksamkeit zu kochen—mit der richtigen Handlung, mit Achtsamkeit und gesundem Menschenverstand zu leben, und nicht in dem monströsen Konsum gefangen zu sein, der so viel von unserer Energie und unserem Licht verschlingt.
Wie können wir einfach und achtsam leben, mit Ehrfurcht für alles Leben? Wie können wir wieder lernen, dem Leben zu lauschen, der Erde, unseren Herzen, so dass wir in Harmonie mit den wirklichen Kräften handeln, die der Schöpfung innewohnen? Wie können wir zu den Werten zurückkehren, die unsere Seelen wie auch unsere Körper nähren? Es geht darum, was brauchen wir wirklich, und nicht so sehr, was wollen wir? Und wie können wir einen Beitrag leisten, wie können wir anderen und der Erde helfen? Wie können wir diese Großzügigkeit leben, die uns die Erde ständig lehrt?
Aus diesem Bewusstsein und den sich daraus ergebenen Handlungen kann sich das Leben regenerieren, organisch und ganzheitlich. Das Leben entwickelt sich, ist ein lebendiger Organismus, der sich selbst erneuern kann. Aber das wird kein leichter Übergang, denn unsere Welt ist völlig aus dem Gleichgewicht geraten. Unsere Zivilisation hat sich schon lange erschöpft, unsere Lebensweise ist zu wenig nachhaltig. Wenn wir so weitermachen, ist unsere Zukunft zu trostlos, die innere Leere zu schrecklich. Durch unsere Jagd nach ein paar materiellen Vergnügungen werden wir das verlieren, was am kostbarsten, am bedeutungsvollsten in unserer Existenz ist. Wir müssen uns unseren Ängsten und unseren Schwächen stellen und den Mut finden, von dem wir nicht mehr wussten, dass wir ihn besitzen. Wir wissen auch nicht, wie lange dieser Übergang dauern wird. Vielleicht sind wir gerade dabei, Samen für eine Zukunft zu schaffen, die in hundert Jahren oder später aufblühen werden. Aber mit Gnade, Hingabe und Umsicht, mit einem Herzen offen für unseren Schmerz und unsere Liebe kann das Leben sich wieder regenerieren—gemeinsam können wir eine Lebensweise schaffen, die wirklich nachhaltig ist. Das Licht des Heiligen wird sich wieder entzünden, und die Seele der Welt wird endlich wieder das Lied der Schöpfung singen: das verborgene Geheimnis in allem Leben.